Fehler in der HOAI

Die HOAI 2013 wurde mit heißer Nadel gestrickt. Dabei wurden an verschiedenen Stellen vom zuständigen Ministerium Regelungsinhalte getroffen, die sich als nicht umsetzbar zeigen. Einer dieser Fehler besteht in folgender Honorarregelung die sich sinngemäß bei den Ingenieurbauwerken (§44 Abs. 7), der Tragwerksplanung (§52 Abs. 5) und der Technischen Ausrüstung (§56 Abs. 6) befindet. Wir analysieren diesen Mangel im Hinblick auf das Tagesgeschäft und geben Hinweise zur Vermeidung von negativen Folgen. Denn diese Regelung wird benutzt, um unsachgemäße Honorarminderungen durchzusetzen. Die Regelung:

In den o. g. Paragraphen steht diese Regelung: „Steht der Planungsaufwand für Ingenieurbauwerke [Anm. d. Verf. alternativ: Tragwerke, Technische Anlagen] mit großer Längenausdehnung, die unter gleichen baulichen Bedingungen errichtet werden, in einem Missverhältnis zum ermittelten Honorar, ist § 7 Absatz 3 anzuwenden.“

Hinweis: §7 Abs. 3 regelt, dass die in dieser Verordnung festgesetzten Mindestsätze können durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden. Damit wird durch diese Regelung eine Mindestsatzunterschreitung legal möglich.

Das spricht gegen eine Anwendung der Regelung

Diese Regelung wird im Zuge der Vertragsanbahnung und bei VOF-Verfahren gelegentlich als Honorarminderungsinstrument benutzt, wenn der Auftraggeber ein Missverhältnis sieht, um dann in diesem Fahrwasser eine Mindestsatzunterschreitung nach §7 Abs. 3 in der Vertragsanbahnung bzw. dem VOF-Verfahren zu erreichen. Dabei gibt es jedoch folgende stichhaltige Gegenargumente:

 

  1. Vor Planungsbeginn ist keinesfalls erkennbar, ob und inwieweit ein etwaiges Missverhältnis zwischen Planungsaufwand und Honorar besteht, denn der Planungsaufwand ergibt sich erst im Zuge der Planung selbst. Wenn z.B. Umweltfragen komplexe Erörterungen mit den zuständigen Behörden auslösen, kann ein Fall vorliegen, bei dem kein Missverhältnis vorliegt,
  2. Unklar ist wann ein Missverhältnis überhaupt aufwandsbezogen „beginnt“ und wann kein Missverhältnis vorliegt,
  3. Die Regelung spricht von Planungsaufwand, während die HOAI die Honorare für Grundleistungen aufwandsneutral regelt, unklar ist auch was eigentlich zum Planungsaufwand im Sinne dieser Regelung zählt („junge“ Mitarbeiter in  Büros benötigen oft etwas mehr aufwand als erfahrenere), darüber hinaus sind oft auch fachliche einzelheiten, die sich erst nach Auftragserteilung zeigen, aufwandsrelevant (z.B. naturschutzrechlich bezogener Abstimmungsaufwand soweit im Rahmen der Grundleistungen liegend),
  4. Der Planungsaufwand wird im Regelfall durch bürospezifische Aufzeichnungen anhand der tatsächlich abgewickelten Tätigkeiten festgestellt und kann daher nicht bereits vor Vertragsabschluss bemessen werden.
  5. Unklar ist darüber hinaus, wann von einer „großen Längenausdehnung“ bei Ingenieurbauwerken oder Technischen Anlagen ausgegangen werden kann und wo die Grenze zu normaler Längenausdehnung besteht,
  6. Die Textregelung „…die unter gleichen baulichen Bedingungen errichtet werden…“ ist nicht nachvollziehbar. Die Regelung deutet auf mehrere Objekte hin. Es scheint, dass die Regelung nur dann anwendbar sein soll, wenn mehrere Objekte vorliegen. Damit dürfte der Anwendungsbereich nur entsprechende Einzelfälle betreffen.

 

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass diese Regelung (§44 Abs. 7; §52 Abs. 5; §56 Abs. 6) unbestimmt ist. Eindeutig dürfte sein, dass diese Regelung in VOF – Verfahren im Regelfall nichts zu suchen hat, da z.B. die Frage des Planungsaufwands (und auch die anderen o. e. Fragestellungen) weder vom Auftraggeber selbst (der keine Planungsleistungen erbringt) noch bereits vor Planungsbeginn seriös bestimmbar ist. Der Aufwand kann z.B. von vielen externen Einflüssen abhängen, die sich erst nach Vertragsabschluss zeigen.

Teilen Sie ihrem Auftraggeber auf Anfrage oder aus eigenem Interesse, falls er die o. g. Regelung in das VOF – Verfahren oder in die Vertragsanbahnung einbeziehen will, mit, dass er die Voraussetzungen zur Anwendung der o. g. Regelung vor Vertragsabschluss sachgerecht nicht lösen kann ohne spekulativ und damit wettbewerbswidrig vorzugehen.

Der Auftraggeber läuft dabei außerdem Gefahr, dass ein Vergabeverfahren erfolgreich gerügt werden kann, wenn eine Ungleichbehandlung der jeweiligen Anbieter der Planungsleistungen stattfindet.

Fazit: Die HOAI enthält an verschiedenen Stellen Regelungen, die unbestimmt sind und dazu noch Ausstiegsklauseln zur Mindestsatzunterschreitung sind. Die Gerichte werden dies wahrscheinlich lösen müssen, wenn Planungsbüros in VOF – Verfahren benachteiligt werden.