Sommerlicher Wärmeschutz und Innenraumklima

BGH stellt klar

Sommerlicher Wärmeschutz / Innenraumklima

Der Bundesgerichtshof hat eine erfreuliche Klarstellung vorgenommen. Die Objektplanung (Architektenleistungen, Objektplanung bei Ingenieurbauwerken) muss nicht alle Einzelheiten der bauphysikalischen Einflüsse auf das Innenraumklima in Bürogebäuden alleinverantwortlich fachlich bzw. planerisch bearbeiten. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat sich zuvor mit Urteil vom 16.8.2012 (AZ.: 8U 23/11) mit der Frage bauphysikalischen Klimaverhältnisse im Innenbereich eines Bürogebäudes befasst und dabei folgenden wichtigen Punkt herausgestellt:

Die bauphysikalischen Klimaverhältnisse im Innenbereich eines Bürogebäudes sind üblicherweise von einem speziellen Fachplaner zu planen. Unterlässt es der Bauherr, mit diesen Leistungen ein Fachbüro zu beauftragen, hat der Objektplaner den Bauherrn auf die damit verbundene Planungsunsicherheit im Rahmen seiner Beratungspflicht hinzuweisen.

Der Bundesgerichtshof hat mit aktuellem Beschluss vom 09. 04. 2015 (AZ.: VII ZR 243/12) durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde das oben genannte Urteil rechtskräftig werden lassen.

BGH sorgt für Planungssicherheit bei der Bauphysik

Der sommerliche Wärmeschutz in Gebäuden und Ingenieurbauwerken rückt seit Jahren immer mehr in den Blickpunkt der ganzheitlichen Planungstätigkeiten. Sachverständige berichten, dass Fragen des sommerlichen Wärmeschutzes (hier Klimaverhältnisse im Innenbereich eines Bürogebäudes) immer häufiger Gegenstand von Auseinandersetzungen sind. Darüber hinaus stellt der sommerliche Wärmeschutz von Bürogebäuden ein ständiges Koordinationsthema innerhalb der Planungsprozesse dar, welches ohne Beteiligung von Fachbüros für Bauphysik nicht mit angemessenem Aufwand abgewickelt werden kann.

Der Beschluss des BGH ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass eine Reihe von Auftraggebern bis heute nicht bereit ist, die Planungsleistungen der Bauphysik neben der Objektplanung und Fachplanung zu beauftragen.

 

Sommerlicher Wärmeschutz – die fachlichen Zusammenhänge

Im vorliegenden Fall ging es unter anderem um die Größe der Fensterflächen im Verhältnis zum Rauminhalt der Büros und die Frage inwieweit hier Planungsmängel

  • beim Sonnenschutz im Bereich der Fassade,
  • bei der Klimatisierung der Büros (technische Ausrüstung),

vorliegen. Außerdem ging es um die Frage, mit welchen Maßnahmen einzelne Beteiligte (Objektplaner, Fachplaner technische Ausrüstung) ohne übergreifendes bauphysikalisches Gesamtkonzept überhaupt „einzeln“ agieren können. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die fachlichen Zusammenhänge der Klimaverhältnisse innerhalb von Bürogebäuden einzugehen. Die Klimaverhältnisse in Bürogebäuden werden unter anderem von der Verschattung des Gebäudes, von der Frage eines außen liegenden Sonnenschutzes, von der Himmelsrichtung der verglasten Fassadenfläche, von der Klimatisierungstechnik, vom Kleinklima, von den Umgebungsbedingungen, von der Wärmespeicherfähigkeit innenliegender Bauteile, von den Glasarten und den Glaskonstruktionen sowie von einer eventuellen Querlüftungsmöglichkeit sowie gegebenenfalls temperierter Bauteile u. a. bestimmt.

Allein die Vielzahl dieser äußerst unterschiedlichen relevanten Kriterien (die auch in unterschiedlichen Leistungsbildern fachlich geplant und überwacht werden) sorgt dafür, dass hier eine ein bauphysikalisches Gesamtkonzept sichernde Fachplanung für Bauphysik erforderlich ist, bei der die oben genannten Kriterien bauphysikalisch zusammenfassend betrachtet und konkret planerisch bearbeitet werden.

Die HOAI 2013 hat diesen Anwendungsbereich in Anlage 1.2.1 zur HOAI erfasst. Danach ist der Anwendungsbereich Bauphysik unter anderem durch Wärmeschutz und Energiebilanzierung als fachübergreifende Disziplin zu verstehen.

OLG Braunschweig und BGH sprechen Klartext

Die Braunschweiger Richter haben mit oben genannten Urteil klargestellt, dass Objektplaner (im vorliegenden Fall: Leistungsbild Gebäude) diese komplexen bauphysikalischen Zusammenhänge nicht fachtechnisch selbst planen und verantworten müssen. Das Urteil betrifft nicht nur das Leistungsbild Gebäude, sondern auch das Leistungsbild Innenräume und Ingenieurbauwerken als Objektplanung.

Für alle Objektplaner kommt es nun darauf an dem Bauherrn bereits in der Leistungsphase 1 die Beteiligung eines Fachbüros für Bauphysik zu empfehlen.

Das Fachbüro für Bauphysik kann im Zuge seiner speziellen bauphysikalischen Erstellung eines Gesamtkonzeptes in Abstimmung mit der Objektplanung und den Fachplanungen alle Einflüsse aus dem Bereich der technischen Ausrüstung, der Fassadenplanung, des baukonstruktiven Sonnenschutzes und der weiteren Aspekte in seine Leistungen einfließen lassen und damit ein ganzheitliches Bauphysikalisch einwandfreies Planungswerk zu erzeugen. Die Leistungen der Bauphysik müssen bereits in der Leistungsphase 1 einsetzen und begleitend in allen Leistungsphasen an der Planung mitwirken.

 

Musterschreiben zur Beratungsleistung der Objektplanung (vergl. Leistungsphase 1 Grundleistung c bei der Gebäudeplanung)

 

Baumaßnahme ……..

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bearbeiten derzeit die Grundlagenermittlung und Vorentwurfsplanung. Dabei werden die Grundzüge der Gebäudegestaltung und Gebäudekonstruktion planerisch bearbeitet. Im Zuge der derzeitigen Planungsvertiefung hat sich herausgestellt, dass Planungsleistungen aus dem Bereich der Bauphysik erforderlich werden.

Die Planungsleistungen der Bauphysik dienen unter anderem dazu, ein integratives Gesamtkonzept aus den baukonstruktiven Planungsinhalten (Fassade, Glasflächen Anteil, außenliegende Sonnenschutzkonstruktionen, Ausrichtung des Gebäudes in Bezug auf die Sonneneinstrahlung, Lüftungsmöglichkeiten, …) und den Fachplanungsinhalten der technischen Ausrüstung (Klimaanlagentechnik, Raumluftkonditionierung, Elektrotechnik und Steuerung, Heizungstechnik…) zu erhalten. In der Praxis zeigt sich, dass die Einschaltung spezieller Fachbüros für Bauphysik im Gesamtergebnis zu einer wirtschaftlicheren Planungslösung führt.

Die Einschaltung eines solchen Fachbüros kann eine sehr gute Zusammenwirkung zwischen den Technischen Anlagen und der Baukonstruktion bewirken. Im Regelfall werden die wirtschaftlichen Vorteile der Beauftragung eines speziellen Fachbüros für Bauphysik das diesbezügliche Honorar deutlich überwiegen.

Aus diesen fachtechnischen und wirtschaftlichen Gründen schlagen wir Ihnen die jetzige Beauftragung eines speziellen Fachbüros für Bauphysik vor. Wir sind gern bereit sie im Zuge dieser Beauftragung weiter zum Beispiel hinsichtlich des Leistungsumfanges dieses speziellen Fachbüros zu beraten.

Um den Fortgang der Planungsvertiefung nicht zu Verzögerungen wird vorgeschlagen die Beauftragung des vorgenannten Fachbüros möglichst bis zum ……. durchzuführen. Damit wird gewährleistet, dass

  • die Fachbeiträge des Fachbüros für Bauphysik rechtzeitig in die Gesamtplanung integriert werden können,
  • ein bauphysikalisch ganzheitliches Planungskonzept verwirklicht werden kann, bei dem alle Einzelkomponenten der Baukonstruktion und der technischen Anlagen ineinandergreifend wirken können

Die Nichtbeauftragung eines solchen Fachbüros führt dazu, dass wir zur Vermeidung von etwaigen Ausführungsmängeln auf der sicheren Seite planen müssen. Auch aus diesem Grunde schlagen wir Ihnen die Beauftragung des oben genannten Fachbüros vor.

Der Bundesgerichtshof hat mit einem Beschluss vom 9.4.2015 (VII ZR 243/12) klargestellt, dass die bauphysikalischen Klimaverhältnisse im Innenbereich von Bürogebäuden üblicherweise von einem speziellen Fachplaner zu planen sind. Solche Fach Planungsleistungen gehören nicht zu den originären Architektenleistungen der Objektplanung. Das spezielle bauphysikalische Fachwissen (sowie die Möglichkeit spezielle bauphysikalische Fachberechnungsmethoden anzuwenden) wird in unserem Hause auch nicht vorgehalten. Daraus erkennen sie, dass unsere Empfehlung zur wirtschaftlichen Planung auch der herrschenden Rechtsprechung entspricht.

 

Mit freundlichen Grüßen